Hermann Löns und das Ölfieber
Der Heidedichter Hermann Löns
hat als Journalist unter dem Pseudonym "Fritz von der Leine" mit
seinen zeitkritischen Artikeln den damaligen Erdöl-Boom von Oelheim bei Peine
beleuchtet. Als dann das Erdölfieber abgeflaut war, veröffentlichte Hermann Löns
einen Beitrag über dieses "deutsche Pennsylvanien".
Löns bezog als Reporter Front
gegen die "Verhunzung" der Heide- und Moorlandschaft, wie er auch in
einer anderen Kolumne dem Dorf Wathlingen südlich Celles einen ähnlichen
"Troubel" wie dem in Oelheim "grassierenden Erdölfieber"
prophezeite, weil dort das von der Landwirtschaft heiß begehrte Kalisalz gefördert
wurde. "Bald werden die gemütlichen Gaststuben des Dorfes umfunktioniert
sein in Spielhöllen voller Korruption", so ähnlich drückte sich
Hannovers 'Chefreporter vom Dienst' aus. Zumindest Oelheim war für ihn ein
abschreckendes Beispiel, hatte er doch als Einstieg für seine Reportage die
abgelegenen Dörfer Stederdorf, Wendesse, Oedesse, Abbensen, Dollbergen und
Eddesse erwähnt, die seinen Ausführungen zufolge damals noch
"abgeschieden vom Verkehr der großen Welt, in stillem Frieden" lagen.
Peine wird in seiner Schilderung als "strebsame hannoversche Stadt"
bezeichnet.
Und Löns fährt in seinem
Bericht fort: "Als das amerikanische Petroleum das Brennöl der Väter
verjagte, regte sich auch in Deutschland die Sucht, flüssiges Gold aus der Erde
zu pumpen, und man erinnerte sich alter Schriften, in denen vermerkt war, daß
seit alten Zeiten die Heidebauern aus den sogenannten Fettlöchern auf
kunstvolle Weise ein mineralisches Oel gewannen und als Wagenschmiere
verwendeten". Aus den Forschungen des früheren Edemisser Lehrers Fritz
Giffhorn weiß man, daß dieses als "Oisch Fett" bezeichnete Produkt
aus den Teerkuhlen mit Reiserbesen "awweflötet" (heruntergefischt)
wurde. "Die Bohrungen hatten ein günstiges Ergebnis. Eine neue Krankheit,
das Ölfieber, griff um sich. Ein neuer Ort, Oelheim bei Peine, entstand in der
stillen Heide. Bald wetteiferten mehrere Aktiengesellschaften. Hohe Türme,
Arbeiterwohnungen, neue Straßen, Bahngleise und unterirdische Rohrleitungen. Wo
das Lied der Heidelerche und der Schmetterling des Baumpiepers allein über rosa
Heidekraut erklang, da zischen die Dampfkessel, ächzen die Pumpen, donnern die
Meißel." So steigerte sich Löns in eine hinreißende, plastische
Reportage, in der Wortmalerei und Stimmungseffekte gesetzt werden. Er berichtet
von 1000 fremden Arbeitern, von Hotels mit "gepfefferten Preisen" und
erwähnt Börsenleute, Ingenieure, Spielernaturen und Spekulateure.
Aber schon 1886 kam der
"große Krach" und "Knall". Die Verluste der Oelheimer
Petroleum- Industriegesellschaft beliefen sich bald auf über zwei Millionen
Mark. Die Gesellschaft liquidierte, und 1887 kam es zu einer Verschmelzung der
in Oelheim nach Öl bohrenden Gesellschaften. Aber hohe Gewinne erzielte man
nicht mehr. Die Zeiten waren vorüber, in denen Oelheim, das sich sogar zu einer
Industriestadt aufschwingen wollte, eine eigene Zeitung besaß. Nur annähernd
60 der vorher auf tausend Mann geschätzten Belegschaft verblieben. Das
"deutsche Pennsylvanien" spielte überhaupt keine Rolle mehr auf dem
Geldmarkt.
Wörtlich schloß Hermann Löns
seinen aufschlußreichen Beitrag, der auch in den Sievershäuser
"Heimatglocken" abgedruckt wurde, mit der folgenden, ganz dem
damaligen Trend angepaßten Passage: "Seit längerem ist es dort ganz still
... man ist bescheidener geworden, und so erholen sich hier allmählich in
reiner Luft, hohem Kiefernwalde und stärkendem Bade - gemeint war das
solwasserführende " Waltersbad" - einige hundert bleicher, kränklicher
Schulkinder in der Ferienkolonie sowie einige Heidefreunde, denen die Hauptsache
unverfälschte Natur und Ruhe ist." Die gibt es hier heute noch, wenngleich
der Charakter der einstigen Heidelandschaft verlorengegangen ist. |
Der Bohrturm
Es steht ein schwarzes Gespenst im Moor;
Das ragt über Büsche und Bäume empor.
Es steht da groß und steif und stumm;
Sieht lauernd sich im Kreise um.
In Rosenrot prangt das Haideland;
"Ich ziehe dir an ein schwarzes Gewand".
Es liegt das Dorf so still und klein;
"Dich mache ich groß und laut und gemein".
Es blitzt der Bach im Sonnenschein;
"Bald wirst du schwarz und schmutzig sein".
Es braust der Wald so stark und stolz;
"Dich fälle ich zu Grubenholz".
Die Flamme loht, die Kette klirrt,
Es zischt der Dampf, der Ruß, der schwirrt,
Der Meißel frißt sich in den Sand;
Der schwarze Tod geht durch das Land.
von Hermann Löns
(entstanden im ehemaligen Hotel
Neu-Pennsylvania in Oelheim)
Die
Bohrinsel
Es steht ein
graues Gespenst im Meer,
über Wellen und Brandung dem Gelde zur Ehr.
Es steht da groß und steif und stumm;
Sieht lauernd sich im Kreise um.
Strahlend blaues Meeresland;
"Ich ziehe dir an ein schwarzes Gewand".
Im Meer war die Insel so einsam und klein;
wird nun wohl unser aller Untergang sein.
Es blitzt das Meer im Sonnenschein;
"Bald wirst du schwarz und schmutzig sein".
Im Golf der Wind er braust sehr stark;
Ein Strom der nicht nur Wärme zu bringen vermag.
Die Flamme loht, der Stahl versinkt,
Es zischt das Öl, das Wasser stinkt.
Mensch und Tier, die Pflanzenwelt,
was haben wir nur angestellt.
Der Meißel fraß Gestein und Geld;
Nun kommt der schwarze Tod in diese Welt.
von Michael Grube
entstanden aus Wut am 26.06.2010
frei nach dem Gedicht "Der
Bohrturm"
von Hermann Löns |
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